Hans Asmus Nachruf

Hans-Joachim Asmus

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† 20.12.2020

Nachruf

Der Arbeitskreis Empirische Polizeiforschung trauert um 

Hans-Joachim Asmus
der am 20. Dezember 2020 im Alter von 76 Jahren verstarb.
Hans-Joachim Asmus war Gründungsmitglied des Arbeitskreises und sozusagen Gastgeber dessen Institutionalisierung, als im Jahr 2000 dessen zweite Veranstaltung in einer Bildungsstätte der Fachhochschule der Polizei im sachsen-anhaltinischen Rübeland stattfand. Hier fand sich eine kleine Runde von Polizeiforschern zusammen, die es sich zur Aufgabe machen wollte, dem Themenkomplex Raum, Zeit und Ort der Diskussion und disziplinären Weiterentwicklung zu geben.

Hans hatte Soziologie, Sozialpsychologie, Politik und Pädagogik in Frankfurt a.M. studiert, in Göttingen promoviert und nach verschiedenen Stationen seine berufliche Position als Professor für Soziologie und zwischenzeitlicher Rektor der Fachhochschule der Polizei Sachsen-Anhalt gefunden, wo er die wissenschaftsbasierte Lehre und Forschung initiierte, stützte und stetig weiterentwickelte. 

Hans war mit Leib und Seele Soziologe. Er war belesen, theoriefest, mehr der qualitativen Forschung als den quantitativen Methoden zugeneigt, da er Mensch, Gesellschaft und Gemeinschaft mehr verstehen als messen wollte. Die Idee der Aufklärung war ihm wichtig, während ihm eine nicht hinreichend durchdachte und faktenfreie Meinung immer suspekt blieb. Er verfasste brillant argumentierende Aufsätze und Vorträge und war stets präzise in seiner Analyse. Seine Vorträge und Texte zeichneten sich dadurch aus, dass sie neben der intellektuell ansprechenden Argumentation auch in ihrer Form, der Art und Weise des Vortragens bzw. Verfassens fesselnd waren und sich einprägten. Hörte er auf den jährlichen Tagungen des Arbeitskreises Referate, konnte er inhaltliche und theoretische Schwächen schnell erkennen, aber seine Diskussionsbeiträge waren dann so formuliert, dass der Kritisierte nie beschämt wurde, sondern die Nachfragen und Anregungen als hilfreich und unterstützend auf dem Weg zu einer besseren Darstellung empfand. Er begleitete jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit wohlwollendem, aber stets fachlich kritischem Blick und hat auf diese Weise viele Forschungsarbeiten inspiriert. Seine offene und zugewandte Art vermittelte insbesondere dem wissenschaftlichen Nachwuchs, in den Reihen des AK Empirische Polizeiforschung willkommen und anerkannt zu sein.

Eine mit Demut ertragene Rachenkrebserkrankung schränkte Hans in den letzten Jahren die Möglichkeit der mündlichen Artikulation ein, nahm ihm aber nicht die Kraft des Denkens und Argumentierens, sondern verlagerte diese auf den schriftlichen Austausch und steigerte seine Mailaktivität.

Hans war Humanist und von unerschöpflicher (Mit-)Menschlichkeit geprägt. Er glaubte nicht nur an das Gute im Menschen, sondern lebte es: zugewandt, ehrlich, freundlich, humorvoll, augenzwinkernd, fördernd und fordernd gegenüber Studierenden wie Kolleginnen und Kollegen. Als wir einmal in einer kleinen Gruppe aus dem Arbeitskreis durch Aschersleben gingen, hielt ein Streifenwagen neben uns und der Fahrer kam freudig auf Hans zu und begrüßte ihn. Hans wechselte einige herzliche Worte und wünschte ihm Glück. An dieser kleinen Szene zeigte sich, dass seine Achtung und Wertschätzung nicht nur akademisch ausgerichtet waren, sondern uneingeschränkt auf alle, die ihm begegneten. Für einen Soziologie-Professor an einer Bildungseinrichtung der Polizei kann es kein schöneres Zeichen der Wertschätzung und Verbundenheit geben, als dass sich später die früheren Studierenden so sehr an ihn erinnern, dass sie ihm im Dienst begegnen wollen.  

Der leider ebenfalls schon verstorbene Kollege und Mitgründer des Arbeitskreises, Thomas Ohlemacher, schrieb in der 2010 veröffentlichten Festschrift für Hans Asmus:
Hans-Joachim Asmus hat eine Faszination für die Polizei, er pflegt jedoch die kritische Distanz im Habitus – in Haltung und Handeln. Seine Kritik geht nie in das Grundsätzliche, sein Habitus macht aber deutlich, dass er im Feld der Polizei für etwas Anderes steht. Dies musste nicht immer expliziert werden, um doch zu irritieren. Er war und ist pragmatisch mit seinen Forschungen, was Themenwahl und Abarbeitung angeht, jedoch fundamentalistisch, was seinen Habitus betrifft: Dosiert auf Distanz zu gehen, sich nicht mit den Vergemeinschaftungsformen der Gemeinschaft Polizei gemein zu machen, trotzdem jedoch Loyalität zur Sache und dem Anliegen der Polizei zu garantieren – das waren und sind die Erfolgsbedingungen für das Wirken des Werks von Hans-Joachim Asmus.

Mit seiner Persönlichkeit und akademischen Kraft förderte er die empirische Polizeiforschung in Deutschland. Wir werden uns gern an seine Beiträge und Bemerkungen, seine Anregungen und Unterstützung, vor allem aber an seine mitmenschliche Art erinnern. Sie ist uns auch nach seinem Tod Vorbild und Ansporn. Mit Dankbarkeit und Trauer verabschieden wir uns von Hans-Joachim Asmus.

Du wirst uns fehlen, Hans!